Skin
&
Skin
&
Art
Skin and Art
Darstellungen der Haut in der Kunst sind eng mit dem Zeitgeist verbunden und bilden daher im Laufe der Jahrhunderte unterschiedlichste Konnotationen ab.
In der Vormoderne ist die Haut noch eine strukturell unüberschreitbare Grenze vor dem unsichtbaren geheimnisvollen Inneren und künstlerische Darstellungen der Haut lassen sich in dieser frühen Zeit nur im Kontext der Mythologie (z.B. Darstellungen der Venus) oder der Religion (z.B. Darstellungen von Adam und Eva oder Maria) bzw. der Inkarnation des christlichen Glaubens richtig werten. Mit Beginn der Renaissance entwickelte sich der hochbezahlte Beruf des Karnatmalers, eines Malers, der die Haut strukturell und farblich besonders gut darstellen konnte. Im Ausdruck „Inkarnat“ sind Haut und Fleisch materiell untrennbar miteinander verbunden und der Mensch als Ganzes wird über bzw. durch die Haut erfasst. Die vom Künstler verwendete Farbe gilt als eine Art Äquivalent für das Fleisch bzw. den ganzen Menschen. Der Künstler wird in der Renaissance zu einem gottähnlichen Schöpfer, der die auf seinen Bildern dargestellten Menschen animiert und aus dem bloßen Farbmaterial beseeltes Fleisch schafft.
Im 17. und 18. Jahrhundert setzt langsam ein grundsätzlicher Wandel der Leibwahrnehmung ein. Die Vorstellung, dass die Haut das Leben begrenzt, verliert ihre Gültigkeit und Darstellungen der Haut verlassen den auf ´Mythologie und Religion´ fixierten Kontext. Ingres zeigt Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals sehr viel Haut in einer bis dato nie gesehenen Umgebung wie einem Badehaus und es ist der Wegbereiter der Moderne, Édouard Manet, der 1863 einen Skandal verursachte, als er mit frechem Ductus die Pariser Prostituierte ´Olympia´ in frivoler Ausstrahlung malt und hierfür die identische Pose wählt, wie Tizian mit seiner Venus von Urbino (1538) gut 300 Jahre zuvor.
Ab Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Popart in den 60er Jahren finden sich alle erdenklichen Farben wieder, in denen die Haut dargestellt und mit Botschaften belegt wird.
Kirchner stellte seine Haut grün dar um zu sagen „mir geht es schlecht“. Warhol stellte die Haut von Marylin Monroe farblich überhöht in pink dar und betont Lippen, Augen und Haare als „sexuelle Attribute“ in grellen Farben.
»Skin is the deepest in men.«
Paul Valéry
Eine große Zäsur im Kontext Haut und Kunst waren dann die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts mit den beginnenden Performances, in denen die Haut zunehmend als Leinwand und Projektionsfläche für soziokulturelle Standpunkte und Lebenseinstellungen genutzt wird. Inzwischen wird die Haut auch in Installationen, z.B. im Rahmen von Pavillons von Biennalen thematisiert, wodurch noch einmal sehr komplexe Bedeutungsebenen entstehen.
Jeder Künstler, der den Menschen in seiner Ursprungsform, also nackt, darstellen möchte, muss sich damit auseinandersetzen, wie er die Haut darstellen möchte, da die Haut als Hülle für das Ganze steht. Der französische Philosoph Paul Valéry hat die Bedeutung, die der Haut durch diesen Umstand zukommt, einmal mit den schönen Worten „die Haut ist das Tiefste beim Menschen“ zusammengefasst. Die Kulturgeschichte der Haut wird in der Kunst vom Mittelalter bis zur Neuzeit auf faszinierende Art dargestellt und abgebildet. Die Vielfalt der Abbildungen mit ihren unterschiedlichen Farben, Formensprachen und Metaphern ist ein exzellentes Beispiel für den Wandel von Wahrnehmungen, d.h. der Ästhetik, Begrifflichkeiten, Bedeutungen, Inhalten und Botschaften, mit denen unser größtes und schönstes Organ seit Jahrhunderten assoziiert wird.